CARLOS JAHRESRÜCKBLICK UND AUSSICHT 2025
22. November 2024Punkie startet in unser Jubiläumsjahr 2025
7. Januar 2025Interkulturelle Kompetenz zählt heute nicht mehr nur zu den Soft Skills, sondern ist eine wichtige Voraussetzung für jeden, der…
Interkulturelle Kompetenz zählt heute nicht mehr nur zu den Soft Skills, sondern ist eine wichtige Voraussetzung für jeden, der erfolgreich im Ausland arbeiten will. Doch auf welche Herausforderungen treffen Mitarbeiter*innen, wenn sie nach Jahren in der Ferne wieder ins Haupthaus zurückkehren, und wie können sie dabei gezielt unterstützt werden?
Freitagabend am Airport Jakarta: Die Koffer sind eingecheckt und der Container mit dem gesamten Haushalt hat längst die Seereise angetreten. Eine wichtige Etappe geht zu Ende. Vorfreude und Trauer, Erwartungen und Befürchtungen begleiten den Rückkehrer in die vertraute und doch gleichzeitig fremd gewordene Heimat.
Viele Firmen schicken Angestellte auf Zeit rund um den Erdball. Ob in Indien, China, Vietnam oder sonst auf der Welt, überall bedeuten Entsendungen einen hohen Aufwand für die entsendenden Unternehmen: erhöhte Gehälter und auch das Sozialpaket, mit dem häufig die ganze Familie ins Ausland zieht. Hinzu kommen oftmals noch Vorbereitungstrainings und Sprachkurse, der/die Mitarbeiter*in fehlt im Haupthaus und muss sich zunächst an seinem neuen Einsatzort orientieren, bis seine Arbeit für die Firma Früchte trägt. Der Kulturschock will überwunden und fremde Sitten sowie Gebräuche erlernt werden. Durch diesen Prozess und die reichhaltigen Erfahrungen, die Expatriates während ihrer Zeit im Ausland machen, werden sie zu wertvollen Know-how-Trägern. Mit ihrem unschätzbarem Wissen und gewinnversprechenden Verbindungen und Kontakten bieten sie wertvolle Ressourcen für ihr Unternehmen. Eigentlich. Denn in der Praxis werden diese Ressourcen häufig zu wenig genutzt, da die Rückkehrer sich selbst überlassen werden. Sie müssen sich wieder eingliedern und in der Organisation, die sich möglicherweise während ihrer Abwesenheit verändert hat, zurechtfinden. Nach Jahren in einer exponierten Position keine einfache Aufgabe und dementsprechend gelingt die Reintegration häufig auch nicht reibungslos. Aus diesem Grund wäre mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit seitens des Arbeitgebers wünschenswert, um die zurückkehrenden Mitarbeiter*innen besser zu integrieren und damit auch langfristig zu binden.
Der umgekehrte Kulturschock
Menschen verändern sich während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts. Der Kontakt mit einer anderen Kultur und ihren Werten lässt auch die eigenen Weltanschauungen hinterfragen. Diese Veränderung ist vielen Heimkehrer*innen zunächst selbst nicht bewusst, aber sie haben das Empfinden, ein Fremder im eigenen Land zu sein. Heimkehrende Expats haben weiterhin wichtige neue Fähigkeiten erworben: Sprachkenntnisse, Erfahrung in der Führung von multinationalen Teams und vor allem interkulturelle Kompetenzen, mit deren Hilfe sie Situationen von verschiedenen Perspektiven aus betrachten können. Eventuell stehen der Entsendete und seine Familie dem Rückzug ins Heimatland mit gemischten, vielleicht sogar ablehnenden Gefühlen gegenüber. Denn die Welt hat sich auch dort, bei Freunden, Verwandten und Kolleg*innen, weitergedreht. Nichts ist, wie es einmal war.
Auch die Personen und Strukturen am Arbeitsplatz haben sich über die Zeit verändert. Das Empfinden, nicht mehr in diese Umgebung hineinzupassen bzw. die Befürchtung, die erworbenen Kenntnisse nicht einsetzen zu können, führen oft zu einem hohen Maß an Enttäuschung – bis hin zur Kündigung. Umfragen zufolge verlassen knapp ein Viertel der Rückkehrer*innen im ersten Jahr ihren Arbeitgeber. Innerhalb der ersten zwei Jahre verlieren Unternehmen sogar bis zu 50 Prozent ihrer zurückkehrenden Mitarbeiter*innen.
Viele Entsendete haben Schwierigkeiten, sich wieder im Heimatland zu integrieren. Man spricht auch vom umgekehrten Kulturschock, der eine erhebliche Herausforderung darstellt. Während der Reintegrationsphase klagen ehemalige Expats am meisten über:
- Hürden beim Einsatz der neu erworbenen Fähigkeiten und Qualifikationen sowie
- einen befürchteten und tatsächlichen Verlust von Erfahrungen
Weiterhin aber auch - und dies gilt für den beruflichen als auch privaten Bereich - über
- die eigene Entfremdung vom Heimatland,
- Heimweh nach dem Gastland,
- Langeweile im Alltag und
- soziale Verluste in Form von veränderten oder aufgelösten Beziehungen während der Abwesenheit.
Bestand der Kulturschock bei der Ausreise in der Konfrontation mit dem Unbekannten, so ist es nun beim Rückkehrschock die Begegnung mit dem Bekannten. Hinzu kommen Frustrationserlebnisse hinsichtlich der Karriereerwartungen, des sozialen Ansehens oder des Interesses seitens der Vorgesetzten und Kolleg*innen.
Es macht wenig Sinn, in einen motivierten Arbeitnehmer zu investieren und ihn ins Ausland zu schicken, ohne auch seine Rückkehr entsprechend zu gestalten. Hier sollten sich Unternehmen genau so viel Gedanken machen wie zu Beginn der Entsendung. Wie sieht nach der Rückkehr die Repositionierung des Entsendeten am Standort aus? Welche Stelle kann bzw. soll der/die heimkehrende Arbeitnehmer*in ausfüllen? Vielleicht gibt es eine Spezialistenfunktion, in der das über die Zeit erworbene Wissen genutzt und ausgebaut werden kann? Beide Seiten, Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in, würden hiervon erheblich profitieren.
Hilfestellung bei der Repatriation
Um den Übergang zu erleichtern, ist es sinnvoll, bereits sechs bis neun Monate vor dem Ende der Entsendung mit der Planung des Rückzugs zu beginnen. Hierzu gehört die Klärung der vertraglichen Situation, aber auch die Beachtung der sozialen sowie psychologischen Belange. Einem/r Mitarbeiter*in wird es kaum möglich sein, die geforderte Leistung in seiner Firma zu erbringen, wenn nicht auch die soziale Reintegration gelingt. Folgende Tipps können Unternehmen bei diesem Prozess helfen:
- Erkennen Sie den Wert des/r zurückkehrenden Mitarbeiter*in für die Firma; zum einen von der Kostenseite betrachtet, aber auch hinsichtlich des Know-how-Zuwachses. Sie haben diese/n Mitarbeiter*in aus gutem Grund ins Ausland geschickt. Sie wollen ihn jetzt nicht verlieren.
- Ziehen Sie in Betracht, dass die/der Mitarbeiter*in als auch seine Familie unter Umständen Unterstützung bei der Wiedereingliederung benötigen werden.
- Bieten Sie interkulturelle Trainings und Coachings für den Entsendeten und die begleitenden Familienmitglieder an, um den Re-Entry-Prozess zu erleichtern.
- Würdigen Sie die Leistung der erfolgreichen kulturellen Anpassung im Ausland. Erkennen Sie außerdem den Beitrag an, den die/der Mitarbeiter*in durch seine gewonnenen Erfahrungen im eigenen Unternehmen leisten kann.
- Vermeiden Sie, dass sich Ihr/e Mitarbeiter*in unwichtig oder wie ein/e Außenseiter*in vorkommt. Häufig schlägt Heimkehrer*innen nicht allzu viel Interesse entgegen. Sie sind in der öffentlichen Wahrnehmung einfach wieder da. Ihr Wissen und ihre Expertise sollten entsprechend anerkannt und auch genutzt werden.
- Unterschätzen Sie nicht, dass mangelnde Wertschätzung ein immenses Frustrationspotenzial birgt und das Zurechtfinden in der neuen alten Welt erheblich erschwert.
Wesentlicher Bestandteil einer gelungenen Entsendung ist auch die Einbeziehung der mitgereisten Partner*innen bzw. Familienmitglieder*innen in die Repatriierung. Welche Bedürfnisse haben Partner*innen und Kinder, die ebenfalls nach der Rückkehr wieder Fuß fassen müssen? Für die so genannte Relocation kann zur Unterstützung – wie auch schon zu Beginn der Ausreise – ein interkultureller/e Trainer*in bzw. Coach eingebunden werden. Hierdurch können die Phasen der Veränderung bewusst gemacht und Ressourcen, Kompetenzen sowie mögliche Konflikte identifiziert werden. Einige Unternehmen bieten diesen Service bereits mit dem Entsendungsvertrag an. In erfolgreichen Fällen ist der Re-Entry-Prozess nach vier bis zwölf Wochen abgeschlossen und die Heimkehrer dann wieder in ihrem neuen Alltag verankert.
Mehr zum Thema...