
Punkie startet in unser Jubiläumsjahr 2025
7. Januar 2025
2025 – Unser Jubiläumsjahr startet mit einem inspirierenden EXPERTS-Treffen
30. Januar 2025Der Umzug in ein anderes Land stellt für jedes Familienmitglied eine spannende Herausforderung dar. Gerade die mitausreisenden Partner*innen – meist die Frauen – stehen vor der Aufgabe, neben dem Familienmanagement eine eigene Identität zu finden.
“Ankommen in der neuen Heimat“ lautet der erste Beitrag der dreiteiligen Serie „Leben zwischen den Welten“. Das Leben als Expat bedeutet für viele Menschen, sich in einer neuen Heimat einzurichten und dabei sowohl Chancen als auch Herausforderungen zu meistern. Doch dieser Lebensstil bringt neben einzigartigen Erfahrungen auch Hürden mit sich. Jaleh Nayyeri beleuchtet in dieser Serie viele verborgene Hürden, mit denen die Expats und ihre Familien oft allein gelassen werden.
Der Umzug in ein anderes Land stellt für jedes Familienmitglied eine spannende Herausforderung dar. Gerade die mitausreisenden Partner*innen – meist die Frauen – stehen vor der Aufgabe, neben dem Familienmanagement eine eigene Identität zu finden.
Die Ausreise und der Abschied von der alten Heimat gehören der Vergangenheit an, der Umzug ins neue Domizil ist vollbracht und auch die vielen Kisten und Kartons sind längst ausgepackt. Der Partner, dessen Job die Familie ins Ausland geführt hat, lebt sich gut ein in seiner Position. Er ist viel unterwegs, genießt den aktuellen Lebensabschnitt und freut sich über die zahlreichen Möglichkeiten, in deren Genuss seine Familie nun kommt. Willkommen im Expat-Leben: Mehr Gehalt, ein attraktives Paket an Sozialleistungen, Privatschule für die Kinder und Annehmlichkeiten wie Nanny, Maid, Dienstwagen und einen türkisblauen Pool unter Palmen gleich vor der Tür. Freund*innen, Familie und Kolleg*innen daheim nicken beeindruckt, vielleicht ein wenig neidisch: „Ihr habt’s gut. Da bleiben ja keine Wünsche mehr offen!“ Tatsächlich?
Länderübergreifend mobiler Lebensstil
Immer häufiger werden Mitarbeiter*innen von ihrem Arbeitgeber für eine begrenzte Zeit ins Ausland geschickt. Allein in Deutschland sind dies jährlich schätzungsweise drei Millionen Menschen.
Ihre Heimat auf Zeit liegt dann in Südafrika, China, Norwegen, in den USA oder eben in Singapur. Von dort sollen die Entsendeten den Vertrieb in der Region leiten, die Marktchancen sondieren, Teams aufbauen und den Kontakt zu den Kund*innen der Firma intensivieren. Für die mitausgereiste Partnerin (selbstverständlich gibt es, wenn auch wesentlich seltener, den umgekehrten Fall in der Geschlechterkonstellation) stellt sich die Lage oftmals ganz anders dar: Keine soziale Infrastruktur, weder Freundeskreis noch Familie in greifbarer Nähe, Job weg, dafür die Herausforderung, das Leben in der Fremde zu organisieren. Der Partner steht nur begrenzt zur Verfügung, weil er lange Arbeitszeiten hat und sich auf seinem neuen Posten beweisen muss. Hinzu kommt, dass viele Mitausreisende diesen Schritt nicht von sich aus initiiert hätten. Sie sind oftmals gut, wenn nicht sehr gut ausgebildet und haben dem Partner zuliebe ihre erfolgreiche Berufstätigkeit unterbrochen oder sogar aufgegeben. Ersatzlos und mit voller Unsicherheit darüber, wann, wo, wie und ob überhaupt der Wiedereinstieg gelingen wird. Und dann gibt es da noch die Mini-Expats: Die mitausgereisten Kinder, die ebenfalls von ihrem gewohnten Umfeld Abschied nehmen mussten. Auch sie haben unter Umständen Heimweh und vielleicht auch Bauchschmerzen angesichts des ersten Schultags in der neuen Klasse. Sie vermissen ihre Clique von zu Hause ebenso wie ihre Mannschaftskolleg*innen aus dem Hockeyclub oder Tennisverein.
Kurz: Der Umzug in die Fremde hat unumstritten das Potenzial, ein Partner- bzw. Familiensystem nachhaltig auf den Kopf zu stellen. Es dauert, bis sich jeder an seine neue Rolle und das unbekannte Umfeld gewöhnt hat. Am Anfang überwiegen die vielen Eindrücke, der eigene Entdeckergeist und die allgemeine Aufbruchsstimmung. Nach einer Weile stellt sich jedoch der Alltag ein. Der Verlust des Vertrauten und vielleicht auch die Sehnsucht nach der Heimat machen sich bemerkbar. Möglicherweise hat auch die veränderte Rollenverteilung zu einer bisher unerprobten Dynamik in der Partnerschaft oder Familie geführt. Trotz aller Vorfreude und dem Wunsch, sich nach den ersten Monaten einem neuen interessanten Leben zuzuwenden, entsteht häufig ein Spannungsfeld zwischen Verantwortung und Verzweiflung. Identitätsverlust, nur schwer überbrückbare kulturelle Unterschiede und der schleppende Aufbau eines Freundeskreises wollen bewältigt werden. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, ist ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Empathie und interkultureller Kompetenz gefragt.
Innere und äußere Standortbestimmung
Oft reicht es, die Blickrichtung zu wechseln, um eine festgefahrene Situation zu verbessern. Hier kann Coaching einen hilfreichen Beitrag leisten, um mit Veränderungen besser zurechtzukommen und Chancen wahrzunehmen. Meist sind es nur einige Sitzungen, um wieder handlungsfähig zu werden und mit frischen Perspektiven und Visionen an den Alltag heranzugehen. Ob wir uns in und mit unserer Lebenssituation wohlfühlen, hängt wesentlich davon ab, ob es uns gelingt, unser Leben sinnstiftend und erfüllend zu gestalten. Es geht außerdem um die Alltagstauglichkeit unserer eigenen Persönlichkeit in einem neuen Umfeld. Wie fühle ich mich in der Fremde? Wie gut komme ich damit zurecht, Freund*innen und Familie zurückgelassen zu haben? Was mache ich, wenn mir die Decke auf den Kopf fällt? Wie finde ich eine sinnvolle Beschäftigung für mich? Wie kann ich die Zeit im Ausland auch für meine berufliche Entwicklung nutzen? Und wie gehe ich überhaupt damit um, dass ich derzeit keinen Job habe? Welche Auswirkungen können diese Veränderungen auf Partnerschaft und Familie haben? Sind bereits erste Probleme oder gar Schieflagen entstanden? Die Liste der Empfindungen, Sorgen und Befürchtungen ist lang. Häufiger als gedacht kommt es zu einem frühzeitigen Abbruch des Auslandsaufenthalts. Studien gehen davon aus, dass rund 62 Prozent der Abbrüche durch familiäre Probleme und die Unzufriedenheit der Partner*innen zustande kommen. Doch selbst wenn die Entsendung nicht abgebrochen wird, heißt dies nicht zwangsläufig, dass der Aufenthalt auch für das Paar bzw. die Familie tatsächlich erfolgreich war.
Chancen sehen, Chancen ergreifen
Kulturwissenschaftler sprechen häufig von Fremdkulturschock. In derartigen Krisen erfolgt die Auseinandersetzung mit der eigenen persönlichen, sozialen und kulturellen Identität, auf die wir häufig erst stoßen, wenn wir veränderten äußeren Bedingungen ausgesetzt sind. Erst durch den Vergleich werden uns die verschiedenen Facetten unserer Persönlichkeit, unserer Werte und Weltanschauungen bewusst. Durch die aktive Reflexion der eigenen Kultur entsteht die Notwendigkeit, „sich neu zu erfinden“ bzw. eine neue kulturelle Identität zu entwickeln. Dies braucht seine Zeit und bringt häufig Reibungsverluste mit sich. Sorgen über die psychische und physische Gesundheit, psychosomatische Störungen sowie ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis sind in dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Eine ganze Reihe von Themen können mit dem Ziel einer persönlichen und auch beruflichen Weiterentwicklung in einem Coaching erfolgreich aufgegriffen werden.
Gerade wenn es manchmal in unserem Leben „knirscht“, liegt das größte Potenzial vor uns.
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