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“Die Rückkehr ins Heimatland – nicht selten ein neuer Schock“ lautet der dritte Beitrag der dreiteiligen Serie „Leben zwischen den Welten“. Das Leben als Expat bedeutet für viele Menschen, sich in einer neuen Heimat einzurichten und dabei sowohl Chancen als auch Herausforderungen zu meistern. Doch dieser Lebensstil bringt neben einzigartigen Erfahrungen auch Hürden mit sich. Jaleh Nayyeri beleuchtet in dieser Serie viele verborgene Hürden, mit denen die Expats und ihre Familien oft allein gelassen werden.
Der Auslandsaufenthalt neigt sich dem Ende zu und die Rückreise ins Heimatland steht bevor. Wieder ein Umzug, der organisiert werden will, Dinge, die aussortiert oder verkauft werden sollen – schließlich stehen bald die Möbelpacker vor der Tür. Und wieder ist ein Abschied fällig: von Menschen und Sitten, an die wir uns gewöhnt und die wir möglicherweise auch in unser Herz geschlossen haben. Sie sind über die Zeit ein Teil von uns geworden.
Mit der Rückkehr verändern sich die Lebensumstände erneut. Beruflich wie privat können diese Wochen und Monate ebenso herausfordernd sein wie der ursprüngliche Umzug ins Ausland. Auch wenn wir in eine uns bekannte Sprache und Kultur rückkehren, in die gleiche Stadt oder sogar in die gleiche Wohnung, die Erfahrungen im Gastland haben uns geprägt. Neben der Dauer sind es die Intensität und der Austausch mit der fremden Kultur, die ihre Spuren in unserer Persönlichkeit hinterlassen haben. Auch unsere Lebenssituation kann – gerade während einer langen Zeit im Ausland – bei der Rückkehr völlig anders aussehen: Ein ausgereistes Paar kehrt als Familie mit kleinen Kindern zurück, wer die Heimat bereits mit Kindern verlassen hat, hat nun Teenager im Schlepptau. Möglicherweise sind wir als Single ausgereist und kehren mit einem Partner zurück oder haben in der Zwischenzeit unsere Beziehung aufgelöst.
Die Welt dreht sich weiter
Nicht nur bei uns geht das Leben seinen Gang, auch „zu Hause“ bleibt die Welt nicht stehen. Trotz aller technischer Möglichkeiten wie Skype oder E-Mails nehmen wir nur beschränkt Anteil an diesen Entwicklungen. Das merken wir häufig bei unseren Heimatbesuchen. Uns nahestehende Menschen, nicht zuletzt die eigenen Eltern, werden älter, die kleine Tochter unserer Freunde, die wir doch gerade noch als Baby auf dem Arm hielten, ist mittlerweile schon ein Schulkind.
Eine Rolle spielt außerdem, wie lange Mitarbeiter vor ihrer Entsendung in die Strukturen ihres Arbeitgebers eingebettet waren. Wer nur auf eine kurze Firmenzugehörigkeit zurückblickt, hat bei seiner Rückkehr unter Umständen Hürden zu überwinden, da er das Unternehmen nur aus dem Ausland kennt. Schwierig kann sich eine Heimkehr auch dann gestalten, wenn Kinder im Ausland aufgewachsen sind und das Heimatland nur von Besuchen kennen. Für sie ist es, als gingen sie jetzt in die Fremde, und entsprechend groß ist das Heimweh bei diesem Neustart.
Unsere Beziehungen zu Freunden, Nachbarn und Kollegen haben sich über die Zeit geändert, jeder war schließlich mit seinem eigenen Leben beschäftigt. Die sehr unterschiedlichen Erfahrungen der letzten Jahre können regelrecht trennend wirken und Menschen auseinanderdriften lassen. Wie wollen wir verständlich machen, was wir alles erlebt haben? Wenn in den vergangenen Jahren nicht Amseln, sondern Affen den Garten bevölkert haben, wir bittere Armut sehen oder Hals über Kopf nach einer Naturkatastrophe fliehen mussten. Oft bleibt das Gefühl des Nicht-Verstanden-Werdens oder auch der Entfremdung. Heimkehrer sind in aller Regel voll mit Geschichten und Erlebnissen, die sie gerne teilen möchten. Bitter schmeckt dann die Enttäuschung, wenn niemand zuhört oder das Interesse nach wenigen Minuten erlahmt. Dies kann auch Alexander R. bestätigen und gibt einen typischen Gesprächsverlauf wieder, den er selbst kurz nach seiner Rückkehr aus Kolumbien erlebt hat: „Hallo, auch wieder hier?“ „Ja, seit zehn Tagen“ „Und, wie war’s?“ „Alles in allem hatten wir eine gute Zeit. Meine Frau hatte sich zum Schluss noch eine Grippe, zum Glück nicht Zika, eingefangen, aber es geht schon wieder. Für die Kinder ist es doch eine ganz schöne Umstellung. Ja, und bei mir ....“ „Hm, ja, du, ich muss los. Aber sonst alles klar, ja?“ „Ähh ja ...“ „Also, bis demnächst mal...“ - Leider in der Praxis kein seltenes Phänomen.
Der umgekehrte Kulturschock
Nachdem wir uns in der Fremde eine Heimat auf Zeit geschaffen haben, stehen wir nun am Ende unseres Expat-Daseins vor der Herausforderung, wieder in unser „altes“ Leben zurückzukehren. Am meisten beklagen Rückkehrer in den ersten Wochen:
- Langeweile im Alltag
- Schwierigkeiten bei der Artikulation der eigenen Gedanken und Gefühle
- Heimweh nach dem Gastland
- Eigene Entfremdung vom Heimatland
- Mangelndes Interesse („Niemand hört zu“)
- Veränderte oder aufgelöste Beziehungen
- Unverständnis der Daheimgebliebene hinsichtlich der eigenen veränderten Persönlichkeit
- Hürden beim Einsatz der neu erworbenen Fähigkeiten
- Befürchteter und tatsächlicher Verlust von Erfahrungen
Genau wie am Anfang des Abenteuers Ausland ist diese Phase nicht nur durch eine hohe organisatorische Belastung gekennzeichnet, sondern häufig auch durch soziale Enttäuschungen und Verluste. Veränderte oder auch verloren gegangenen Beziehungen zu Freunden und Bekannten stellen Anforderungen an unsere persönlichen Kompetenzen. Hinzu kommen Frustrationserlebnisse hinsichtlich der Karriereerwartungen, des sozialen Ansehens oder des Interesses seitens der Vorgesetzten und Kollegen. Alle diese Schwierigkeiten werden unter dem Begriff des umgekehrten Kulturschocks zusammengefasst. Bestand der Kulturschock bei der Ausreise in der Konfrontation mit dem Unbekannten, so ist es nun beim Rückkehrschock die Begegnung mit dem Bekannten.
Die Heimkehr planen
Um den Übergang zu erleichtern, ist es sinnvoll, bereits sechs bis neun Monate vor Vertragsende mit der Planung des Rückzugs zu beginnen. Bei einem Aufenthalt im Heimatland können berufliche Kontakte reaktiviert, Schulen ausgewählt und ein geeigneter Wohnort gefunden werden. Wichtig ist auch die Klärung der vertraglichen Situation. Wie sieht nach der Rückkehr die Repositionierung des Entsendeten am Standort aus? Gleichzeitig gilt es auch, die Repatriierung der Familie vorzubereiten. Welche Bedürfnisse haben Partner und Kinder, die ebenfalls nach der Rückkehr wieder Fuß fassen müssen? Gerade die mitausgereiste Partnerin bzw. der mitausgereiste Partner wird sich Gedanken über den beruflichen Wiedereinstieg machen. Gibt es besondere Fähigkeiten, wie beispielsweise Sprachkenntnisse, Ehrenamt, Weiterbildung, die bei der Bewerbung gewinnbringend eingesetzt werden können? Für die so genannte Relocation kann zur Unterstützung – wie auch schon zu Beginn der Ausreise – ein interkultureller Trainer bzw. Coach eingebunden werden. Einige Unternehmen bieten diesen Service bereits mit dem Entsendevertrag an. In den meisten Fällen ist der Reentry-Prozess nach vier bis zwölf Wochen abgeschlossen und die Heimkehrer dann wieder in ihrem neuen Alltag verankert.
Fest steht: Wer eine Weile im Ausland verbracht hat, kehrt mit einer Fülle an eigenen Erfahrungen und Ressourcen zurück, die die eigene Persönlichkeit geformt haben. Diese gilt es zu nutzen!
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