Virtuelle Zusammenarbeit – wie gestalten wir sie richtig?
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21. Juni 2021Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn sich zu leihen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Aber was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug leihen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen?
Ein Beitrag von Bahar Moumin
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen?
Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er »Guten Tag« sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“ Wieder in seiner Wohnung sitzt er da mit seinem Bild in der Hand – enttäuscht und verzweifelt über seine Mitmenschen. Und er beschließt ganz fest: „Nie wieder sprech ich einen an!“
Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawiak zeigt in seinem Buch und Bestseller „Anleitung zum Unglücklichsein“ auf, dass es keines Zutuns einer anderen Partei bedarf, einen Konflikt entstehen zu lassen. Eine kleine, missverstandene Geste reicht anscheinend, um ein Gedankenkonstrukt aufzubauen, das nachhaltig die Beziehung zweier Menschen beeinträchtigt. Uns begegnen Tag für Tag Situationen, die konfliktbehaftete Ergebnisse hervorbringen können und es auch tun. Wenn man sich vor Augen führt, dass man teilweise die Kolleg*innen bei einer 40-Stunden-Woche öfters und länger als Familienmitglieder oder die Partner*innen sieht, dann ergibt sich daraus genug Zeit, produktiv und konstruktiv zu sein, aber auch genügend Missverständnisse zu erzeugen. Die dabei entstehenden Konfliktkosten werden oft von Unternehmen unterschätzt und eine offene Streitbeilegung durch Mediation nicht als kostengünstige und nachhaltige Lösung erachtet. Dabei sind Konfliktkosten einer der unterschätzten Kostenpunkte in der Wirtschaft.
Höflichkeit als Must-Have
Wenn wir uns allein auf die Höflichkeit unter Kolleg*innen konzentrieren, wie würden Sie Ihr Verhalten einschätzen? Kommen eines oder mehrere dieser Kriterien in Ihrer Kommunikation vor?
- Mangelnde Begrüßung
- Fehlen von „Danke“ und „Bitte“
- Nicht zuhören; Unterschied zwischen „Hören“ und „Zuhören“ nicht erkennen
- Mangelnde Begegnungen auf Augenhöhe und herablassende Kommentare oder Reaktionen
- Schroffe und schnippische Nachrichten und E-Mails verfassen
- Ständige Fehlersuche bei Mitarbeiter*innen
- Unfähigkeit, Kritik konstruktiv zu äußern
- Mails checken und schreiben während der Meetings
- Zurückhalten von Informationen
- Abfällige und erniedrigende Bemerkungen gegenüber den Kolleg*innen äußern
- Gerüchte verbreiten oder sich in das Privatleben der Kolleg*innen einmischen durch offensive Fragen
Diese sind nur einige der Konfliktverursacher im Arbeitsleben, die zu Demotivation, innerer Kündigung, Mitarbeiterfluktuation und mangelnder Konzentration, damit auch zu einer erhöhten Fehlerquote bei Mitarbeiter*innen, führt. Schlechtes Benehmen kostet Unternehmen viel Geld.
Nehmen wir den Nachbarn als Beispiel: Der Mann ohne Hammer hätte sich eventuell kein Gedankenkonstrukt mit so viel Konfliktpotential aufbauen können, wenn der Nachbar ihn richtig begrüßt hätte. Büroversion: Ihr/e Arbeitskolleg*in wird Ihnen eher beim nächsten Problem behilflich sein, wenn Sie ihn/sie bei der morgendlichen Begrüßung tatsächlich wahrnehmen.
Selbstmittelung - Schlüssel zur erfolgreichen Kommunikation
Aber wenn wir schon beim Mann ohne Hammer sind, wie hätte er denn anders reagieren können? An jedem Arbeitstag sind wir mit Situationen konfrontiert, die Unmut in uns auslösen. Dabei kann ein winziger Flügelschlag eines Schmetterlings einen Wirbelsturm in unseren Gedanken verursachen. Aber wie gehe ich am besten damit um? Oder wie vermeide ich diesen negativen Strudel an Grübeleien?
Folgender Ausspruch beschreibt die Lösung in einer passenden Feststellung: It´s simple, but not that easy. Die gute Nachricht zuerst: Es gibt einen geprüften und anerkannten Weg, um Fehlkommunikation mit den Mitmenschen zu vermeiden. Dieser heißt „gewaltfreie Kommunikation“. Die Methode nach Rosenberg verfolgt ein einfaches Schema:
- Beobachtung
- Gefühl
- Bedürfnis
- Bitte
Ich möchte dafür die Geschichte für Sie etwas umschreiben:
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Am besten ich gehe mal rüber und frage ihn selbst. Und so geht er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet und darf »Guten Tag« sagen. Der Mann fängt an, zu reden: „Mir ist letztens im Gang aufgefallen, dass Sie mich flüchtig begrüßt haben. (Beobachtung) Mir schien das ungewöhnlich, deswegen hat es mich überrascht. (Gefühl) Ich würde es gerne verstehen wollen. (Bedürfnis) Können Sie mir sagen, ob Sie was stört? (Bitte) Und wenn nicht, könnte ich mir dann Ihren Hammer ausleihen?“
Für uns Leser*innen ist die Geschichte zwar nicht mehr amüsant, dafür aber konfliktfrei.
Büroversion: Sie haben eine/n Arbeitskolleg*in gebeten, eine Recherche für Ihre Präsentation zu machen und haben auch eine Deadline genannt. Genau an dem Tag meldet sich der/die Kolleg*in krank und Sie stehen ohne die Recherchen da. Folgende Gedanken kommen auf: „Super! Man kann sich auch auf niemanden verlassen. Wahrscheinlich hatte er/sie keine Lust auf die Arbeit oder war einfach zu faul. Hält sich überhaupt nicht an Absprachen und will nicht einmal die Konsequenzen tragen!“
- Beobachtung: „Mit Herrn/Frau Muster war ausgemacht, dass er/sie die Recherchen heute fertig hat. Die Recherche ist heute nicht in meinem Postfach. Herr /Frau Muster meldet sich krank.
- Gefühl: Ich bin überrascht
- Bedürfnis: …und möchte es gerne verstehen.
- Bitte: Können Sie mir erklären, wie es dazu gekommen ist?“
Die schlechte - oder sagen wir – die herausfordernde Nachricht hierbei ist, dass es einer gewissen Selbstreflexion und Überwindung zur offenen Kommunikation bedarf, auch wenn das Schema an sich keinen komplexen Aufbau hat.
Die Herausforderung für multikulturelle Teams
Ob auf verbaler oder non-verbaler Ebene, Konflikte und Missverständnisse entstehen aufgrund von Fehlkommunikation. Unerfüllte Absprachen beim Projektmanagement, mangelnde Sprachkenntnisse im interkulturellen Umfeld oder gewöhnliche Antipathien unter Kolleg*nnen sind einige der Gründe, aber oft braucht es gar nicht spezifisch zu sein, um Konflikte auszulösen. Da jede*r meistens von seiner/ihrer eigenen Wahrnehmung ausgeht, sind wir uns nicht bewusst, was wir mit unserer Einstellung und vor allem mit unserer Sprache beim Gegenüber auslösen. Dies kann sich bei einfachen Ausdrucksweisen zeigen oder bei komplexeren wie beim Äußern einer Kritik. Erwartungen und Erfahrungen basieren auf Werten, die nicht jede*r gemein hat, deswegen liegt die Herausforderung in der Sprachweise und damit in der gewaltfreien Kommunikation. Missverständnisse kommen im intrakulturellen Umfeld, also unter Mitgliedern eines Kulturkreises, vor. Aber die Wahrscheinlichkeit im interkulturellen Kontext ist höher. Die kulturelle Sensibilisierung der Mitarbeiter*nnen ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Fortbildungen in international agierenden Unternehmen. Andere Länder, andere Werte, mehr Missverständnisse.
Das innere Zusammenspiel multikultureller Teams ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Vielfach sind sich die einzelnen Akteure nicht der individuellen und wechselseitigen Verantwortung bewusst. Oft entstehen interkulturelle Gräben zwischen den Beteiligten, obwohl sie alle in einem Boot sitzen. Daher ist es ratsam, von Anfang an ein Vertrauensverhältnis durch angemessene Kommunikation aufzubauen. Der Entwicklung interkultureller Teams zu einer produktiven Einheit ist dadurch ein Weg geebnet. So klappt es dann auch mit den (Arbeits)Nachbarn!
In unserem Angebot finden Sie Trainings und Coachings rund um das Thema multikulturelle Teams. Kontaktieren Sie uns, wir erstellen Ihnen gerne ein individuelles Angebot!