Lernen Sie die deutsch-österreichischen Beziehungen von einer ganz persönlichen Seite kennen: Ein Blogbeitrag von Susanne Braun, freiberufliche Trainerin bei ti communication.
Ich bin Österreicherin, habe in sechs Ländern gelebt und weit über 70 Länder bereist, doch das einzige Mal, dass ich einen ernsthaften Kulturschock erlebt habe, war als ich ins Nachbarland mit der gleichen Sprache, nämlich nach Deutschland gezogen bin.
Nichts trennt Österreicher und Deutsche mehr als die gemeinsame Sprache. Diesen Spruch habe ich lange nicht verstanden. Ich bin selber Österreicherin, habe aber die ersten 19 Jahre meines Lebens nahe der deutschen Grenze verbracht, somit hatte ich auch als Kind immer Zugang zu den deutschen Fernsehkanälen. Wirklich viel Unterschied sah ich da sprachlich nicht. Ich wusste, dass die Deutschen uns teilweise nicht verstanden, aber andersrum war das doch so einfach. Ich verstand immer jedes Wort. Auch unsere Verwandten in der Nähe von Dresden hatte ich immer hundertprozentig verstanden. Zugegebenermaßen fand ich dieses Hochdeutsch nie sehr attraktiv, aber ich war der Meinung, ich könnte mich perfekt nach der Schrift (unsere Bezeichnung für Hochdeutsch) ausdrücken, wenn ich denn nur wollte. Ich hatte in Portugal, Frankreich und den USA gelebt und mich immer problemlos eingelebt. In der Bewerbungsphase lernte ich als erstes, dass ich das Wort Hauptschule aus meinem Lebenslauf verbannen musste. In Österreich gibt es nur Gymnasium oder Hauptschule - zumindest zu meiner Schulzeit. Die Art der Schule, die man besuchte, ergab sich im Wesentlichen aus der geographischen Nähe. Qualitativ war da nicht unbedingt ein Unterschied und danach wechselte ich ohnehin auf die Handelsakademie, wo ich die Matura (Abitur) ablegte.
Nun hatte ich den ersten Job in Deutschland und war erstaunt, als ich ein paar Tage vor Antritt ein Schreiben bekam, ich solle doch die Informationen zu meiner Krankenversicherung mitbringen. Ich war davon ausgegangen, das erledige – so wie in meinem Heimatland Österreich – der Arbeitgeber. In Österreich gibt es Privatversicherungen nur zusätzlich zu der gesetzlichen Pflichtversicherung und bei letzterer kann man nicht auswählen, sondern es gibt nur eine pro Bundesland. Die Lauferei begann, denn wo anfangen? Noch dazu war ich über ein Jahr lang in den USA lang versichert gewesen und somit hatte ich keinen Anspruch auf die gesetzliche Krankenversicherung, sondern musste in die private. Und dazu musste ich jeden Facharzt abklappern und mir meine Gesundheit in seinem Fachgebiet bestätigen lassen. Uff, Bürokratie pur. Der erste Brief, den ich nach meiner offiziellen Anmeldung an meine neue Adresse bekam, stammte von der Kirchenbeitragsstelle – so viel zu Trennung von Staat und Kirche.